Netto-Null-Industrie-Verordnung und Vergaberecht – Neue EU-Vorgaben zur ökolo­gi­schen Beschaf­fung und zur Resilienz

Hinter­grund:

Mit der Netto-Null-Industrie-Verordnung (Net Zero Industry Act, NZIA) verfolgt die Europäi­sche Union das Ziel, zentrale klima­neu­trale Techno­lo­gien künftig verstärkt inner­halb der EU zu produ­zieren – und damit die Versor­gungs­si­cher­heit und Wettbe­werbs­fä­hig­keit zu stärken. Seit dem 29.06.2024 gilt die Verord­nung unmit­telbar in allen Mitglied­staaten.

Ein beson­derer Fokus liegt auf dem Vergaberecht: Öffent­liche Auftrag­geber werden künftig verpflichtet, bei bestimmten Techno­lo­gien verbind­liche Mindest­an­for­de­rungen an die ökolo­gi­sche Nachhal­tig­keit anzuwenden.

Anlass für aktuellen Handlungs­be­darf
Mit dem Erlass der ersten Durch­füh­rungs­rechts­akte, darunter die Verord­nung (EU) 2025/1178 zum Resili­en­z­kri­te­rium, konkre­ti­siert die EU-Kommission nun schritt­weise die Anfor­de­rungen an öffent­liche Beschaf­fungen. Damit zeichnet sich ab, wie Auftrag­geber in Zukunft Umwelt- und Resili­en­z­an­for­de­rungen in Verga­be­ver­fahren zu berück­sich­tigen haben.

Was gilt bereits – und für wen?
Art. 25 NZIA verpflichtet öffent­liche Auftrag­geber zur Berück­sich­ti­gung ökolo­gi­scher Krite­rien bei der Beschaf­fung sogenannter Netto-Null-Technologien (u. a. Photo­vol­taik, Windkraft, Batte­rien, CCS). Aller­dings gilt diese Pflicht nach Art. 49 NZIA bis zum 30.06.2026 nur einge­schränkt – und zwar ausschließ­lich für:

  • Zentrale Beschaf­fungs­stellen im Sinne von § 120 Abs. 4 GWB,
  • bei einem geschätzten Auftrags­wert ab 25 Mio. EUR.

Für andere Auftrag­geber besteht damit aktuell noch kein unmit­tel­barer Umset­zungs­druck, gleich­wohl deutet sich ein grund­le­gender Wandel im nachhal­tig­keits­be­zo­genen Vergaberecht an.

Resili­en­z­kri­te­rium ab Ende 2025 konkret anwendbar
Parallel enthält die NZIA mit dem Resili­en­z­kri­te­rium eine neue Anfor­de­rung an die strate­gi­sche Beschaf­fungs­si­cher­heit. Zwar gilt die Regelung formal bereits – sie wird jedoch erst durch die am 30.12.2025 in Kraft tretende Verord­nung (EU) 2025/1178 praktisch relevant, da sie Schwel­len­werte für Dritt­staa­ten­an­teile und konkrete Umset­zungs­pflichten definiert. Ab diesem Zeitpunkt müssen Auftrag­geber bei der Beschaf­fung von Netto-Null-Technologien (oder deren wichtigster spezi­fi­scher Bauteile) prüfen, ob ein zu hoher Markt­an­teil nicht-europäischer Anbieter vorliegt – und gegebe­nen­falls Vorgaben in die Verga­be­un­ter­lagen aufnehmen.

Empfeh­lung
Öffent­liche Auftrag­geber und Unter­nehmen sollten sich frühzeitig auf die neuen recht­li­chen Rahmen­be­din­gungen vorbe­reiten. WMRC unter­stützt Sie gern bei der recht­li­chen Einord­nung des NZIA und der Umset­zung der EU-Vorgaben in Verga­be­ver­fahren.