24.01.2019
Ist die explizite Angabe der Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung auch dann erforderlich, wenn sie sich aus den Vergabeunterlagen ergeben, die über einen Link abrufbar sind? Dieser Frage sind mehrerer Nachprüfungsinstanzen in der jüngeren Vergangenheit nachgegangen – teils mit unterschiedlichen Ergebnissen. Eine aktuelle Bestandsaufnahme.
Öffentliche Aufträge werden an fachkundige und leistungsfähige (geeignete) Unternehmen vergeben. Der öffentliche Auftraggeber legt die Eignungskriterien fest. Die Kriterien, anhand derer der öffentliche Auftraggeber die Eignung überprüft, sind gemäß § 122 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen.
Regelmäßig benennen öffentliche Auftraggeber die Eignungskriterien auch in den Bewerbungsbedingungen oder führen sie als Bestandteil eines Teilnahmeantragsformular oder Angebotsschreiben in den Vergabeunterlagen auf. Die Auftragsbekanntmachung enthält gemäß § 41 der Vergabeverordnung (VgV) und § 12 a EU Abs. 1 Nr. 1 der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, Teil A (VOB/A) eine Internetadresse, unter der die Vergabeunterlagen abrufbar sind.
Die Frage, ob ein Link in der Vergabebekanntmachung auf an anderer Stelle aufgeführte Eignungskriterien ausreichend ist, beschäftigte verschiedene Nachprüfungsinstanzen.
Eine Verlinkung der Eignungsanforderungen hat für den öffentlichen Auftraggeber vor allem den Vorteil, dass er die Eignungsanforderungen nur an einer Stelle aufführen muss. Abweichungen und Widersprüche sind daher ausgeschlossen.
Das elektronische Formular für die Auftragsbekanntmachung unter Enotices legt eine solche Vorgehensweise nah: Es sieht unter III.1.2 und III.1.3 zur wirtschaftlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie zur technischen und beruflichen Leistungsfähigkeit die Möglichkeit vor, anzukreuzen „Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen“.
Das Formular enthält darüber hinaus eine Zeichenbegrenzung (4000 Zeichen). Legt der öffentliche Auftraggeber Eignungskriterien mit einem Zeichenumfang von mehr als 4000 Zeichen fest, hat er sogar Schwierigkeiten, diese in das elektronische Formular einzutragen.
Dennoch muss der öffentliche Auftraggeber bei der Verwendung eines Links zu den Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung vorsichtig sein. Maßgebliche Hürde ist der Wortlaut des § 124 Abs. 4 Satz 2 GWB, nachdem die Eignungskriterien in der Auftragsbekanntmachung aufzuführen sind.
Nicht alle Nachprüfungsinstanzen sind so großzügig wie die Vergabekammer (VK) Nordbayern im Beschluss vom 9.4.2018 (RMS-SG 21-3194-3-5). Die VK Nordbayern sah es als entscheidend an, dass ein Bieter, der die Auftragsbekanntmachung durchsieht, ohne Mitwirkung der Vergabestelle Kenntnis von den Eignungskriterien und den vorzulegenden Unterlagen nehmen kann.
Nach der aktuellen Rechtsprechung sind neben der Möglichkeit ohne Mitwirkung des Auftraggebers von den Kriterien Kenntnis zu nehmen zwei Gesichtspunkte maßgeblich:
Es ist daher keinesfalls ausreichend, eine Seite zu verlinken, unter der Vergabeunterlagen für verschiedene Vergabeverfahren zum Abruf bereitstehen (VK Südbayern, Beschluss v. 5.6.2018-Z3-3-3194-1-12-04/18).
Aber auch ein Verweis oder ein Link zu den Vergabeunterlagen des konkreten Vergabeverfahren oder auch gemäß dem Enotices-Formular auf „Eignungskriterien gemäß Auftragsunterlagen“ erfüllt diesen Zweck nicht (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.7.2018, Verg 24/18).
Wenn das interessierte Unternehmen erst die gesamten Vergabeunterlagen durchsehen muss, um zu erfahren, ob es die Eignungsanforderungen erfüllen kann, liegt hierin ein Verstoß gegen § 122 Abs. 4 GWB. Der potentielle Bieter soll „auf einen Blick“ erkennen können, ob er als geeigneter Wettbewerbsteilnehmer in Betracht kommt (OLG München, Beschluss vom 27.7.2018, Verg 02/18).
Enthält die Bekanntmachung allerdings einen Link auf ein ausschließlich die Eignung betreffendes Formblatt, kann dies den Transparenzanforderungen der § 122 Abs. 4 GWB und § 48 Abs. 1 VgV genügen (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.7.2018, Verg 24/18).
Um die vergaberechtlich erforderlichen Transparenz zu gewährleisten, ist es nicht ausreichend, dass sich der Link auf die Eignungsanforderungen an irgendeiner Stelle der Auftragsbekanntmachung befindet.
Aus § 48 Abs. 1 VgV in Verbindung mit § 37 VgV, der die Verwendung der Bekanntmachungsmuster gemäß Anhang II der Durchführungsverordnung (EU) 2015/1986 verlangt, ergibt sich, dass die Eignungskriterien und die zu ihrem Nachweis vorzulegenden Unterlagen dort wiedergegeben werden müssen, wo die interessierten Unternehmen sie erwarten. Der Link muss daher unmittelbar in die Auflistung der Eignungsanforderungen unter III. 1 des elektronischen Enotices-Formulars eingebunden werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.7.2018, Verg 24/18).
Nach der aktuellen Rechtsprechung ist es vertretbar, in den entsprechenden Abschnitten der Bekanntmachung mit einem Link direkt auf die Eignungsanforderungen zu leiten. Der rechtssicherste Weg ist es weiterhin, wenn der öffentliche Auftraggeber alle Eignungskriterien und -belege in den Abschnitten III.1 der Auftragsbekanntmachung aufführt.
Möchte der öffentliche Auftraggeber die Eignungskriterien und -belege nicht an verschiedenen Stellen also in der Auftragsbekanntmachung und den Vergabeunterlagen benennen, sollte er in Erwägung ziehen, einen Link in die Vergabeunterlagen aufzunehmen, der zu den in der Auftragsbekanntmachung genannten Eignungskriterien führt. Dies ist weniger streitanfällig als ein Link in der Auftragsbekanntmachung auf die Vergabeunterlagen.