07.06.2016
Bei der Vergabe von Entsorgungsleistungen möchten Auftraggeber i. d. R. den Übernahmeort, mitunter auch für den Ort der Behandlung der Abfälle vorschreiben. Hier ist Vorsicht geboten. Grundsätzlich steht dem Auftraggeber zwar ein Leistungsbestimmungsrecht zu. Die damit verbundene Beschränkung des Wettbewerbs muss jedoch sachlich legitimiert, die Vergabebedingungen zur Erreichung des legitimen Zwecks geeignet und die Ungleichbehandlung, die sich daraus ergibt, auf das Notwendige beschränkt sein (vgl. OLG Koblenz, Beschluss vom 20.04.2016, Verg 1/16). Für Ortsvorgaben für die Abfallbehandlung wird das i.d.R. schwer zu begründen sein.
Anders sieht dies bei Vorgaben für den Ort der Übernahme der Abfälle aus. Hier hat der Auftraggeber ein legitimes Interesse daran, seine eigenen Transportwege kurz zu halten und den Abfallerzeugern in seinem Gebiet ggf. auch Direktanlieferungen zu ermöglichen. So können bestimmte Radien für die Abfallübernahme vorgegeben werden. Das OLG Koblenz hat sogar einmal gebilligt, dass die Übernahme auf derselben Flussseite, auf der das Gebiet des Auftraggebers liegt, gefordert wird (OLG Koblenz, Beschluss vom 22.07.2014, 1 Verg 3/14). Weil die Brücken über den Fluss ein Nadelöhr darstellten und den Abfalltransport somit erheblich verlängert hätten, bestand ein legitimes Interesse an der Vorgabe.
In dem kürzlich entschiedenen Fall hielt es das OLG Koblenz allerdings nicht für sachlich legitimiert, unterschiedliche Regeln für den Übernahmeort aufzustellen, je nachdem, ob der Bieter den Abfall umschlagen oder direkt an der Verwertungsanlage übernehmen will. Der Auftraggeber hatte die Übernahme der Abfälle im Stadtgebiet Mainz gefordert, wenn ein Umschlag durchgeführt wird. Gleichzeitig durften sie auch in einem Radius von fünf Kilometern um das Stadtgebiet übernommen werden, falls dort unmittelbar die Verwertung erfolgt. Dass drei Umschlaganlagen im Stadtgebiet bestehen, jedoch keine Endverwertungsanlage, hielt das OLG Koblenz nicht für einen sachlichen Grund für diese Differenzierung. Ob ein Bieter auf einem bereits vorhandenen Umschlagplatz zurückgreifen oder einen neuen einrichten will, müsse ihm überlassen bleiben. Es gebe keinen sachlichen Grund, der es rechtfertigte, im Ergebnis nur Angebote von Bietern zuzulassen, die auf Vorhandenes zurückgreifen wollen (und dafür mit potenziellen Konkurrenten verhandeln müssen). Auf diese Möglichkeiten wären die Bieter ohne eigenen Umschlagplatz im Stadtgebiet beschränkt gewesen, da der Zeitplan des Vergabeverfahrens die Errichtung eines neuen Umschlagplatzes im Stadtgebiet nicht zuließ. Ausgehend von der Begründung des OLG Koblenz wäre die Vorgabe der Übernahme im Stadtgebiet bei dem bestehenden Zeitplan des Vergabeverfahrens wohl auch dann unzulässig gewesen, wenn hier nicht die unzulässige Differenzierung zwischen der Lage der Verwertungsanlagen und der Umschlagplätze hinzugekommen wäre.
WMRC Praxishinweis:
Schon aus eigenem Interesse an einem großmöglichen Wettbewerb sollten Auftraggeber sorgfältig überlegen, welche örtlichen Vorgaben für die Übernahme der Abfälle sie aufstellen. Auch sollte darauf geachtet werden, dass die Zeitplanung ggf. die Einrichtung eigener neuer Umschlaganlagen zulässt. Auf Ortsvorgaben für die Behandlung der Abfälle selbst sollte i.d.R. verzichtet werden, da sie selten sachlich zu rechtfertigen sein werden.