16.09.2015
Das VG Potsdam hat in einem Urteil vom 11.09.2015 den mit Verordnung vom 27.05.2015 rückwirkend in Kraft gesetzten Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP-BB) für rechtswidrig angesehen (VG 4 K 2915/14). Die Frage stellte sich im Rahmen der Anfechtung einer raumordnungsrechtlichen Untersagungsverfügung der Gemeinsamen Landesplanungsabteilung der Länder Berlin und Brandenburg (GL). WMRC vertritt die obsiegende Stadt Uebigau-Wahrenbrück, der die GL die Weiterführung eines Verfahrens zur Aufstellung eines Teilflächennutzungsplans zur Windkraftnutzung untersagt hatte. Mit der Untersagungsverfügung wollte die GL die zukünftigen Festsetzungen des sachlichen Teilregionalplans "Windkraftnutzung" der Regionalen Planungsgemeinschaft Lausitz-Spreewald sichern, die im Widerspruch zu den Planungen der Stadt Uebigau-Wahrenbrück standen.
Aus der Unwirksamkeit des LEP-BB folgt nach Auffassung des VG Potsdam ein Verstoß des künftigen Teilregionalplans gegen das raumordnungsrechtliche Entwicklungsgebot. Ist aber der zukünftige Teilregionalplan rechtswidrig, so gilt das auch für die angegriffene raumordnungsrechtliche Untersagungsverfügung, die dessen geplante Festsetzungen sichern soll.
Damit dürfte für absehbare Zeit im Land Brandenburg keine Möglichkeit der planerischen Steuerung der Windkraftnutzung durch die Landesplanung bestehen. Vielmehr haben die Kommunen die planerische Steuerung der Windkraftnutzung in der Hand, in erster Linie durch die Flächennutzungsplanung. Das VG hat die Berufung gegen das Urteil zugelassen.
Zur Vorgeschichte der aktuellen Entscheidungen: Das OVG Berlin-Brandenburg hatte mit Urteil vom 16.06.2014 den Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg für nichtig erklärt. Tragende Erwägung war ein Verstoß des LEP-BB gegen das verfassungsrechtliche Zitiergebot. Die GL versuchte im Sommer 2015, den für nichtig erklärten Landesentwicklungsplan durch einfachen Neuerlass (diesmal unter Beachtung des Zitiergebots) rückwirkend zum Jahr 2009 in Kraft zu setzen. Dieser Versuch ist misslungen. Das VG Potsdam stellte heraus, dass schon das OVG den Weg für ein rückwirkendes Inkraftsetzen des LEP-BB durch ein sog. "ergänzendes Verfahren" verbaut hatte, indem es auf die verfassungsrechtliche Verankerung des Zitiergebots hingewiesen hatte. Zweite tragende Erwägung des VG-Urteils ist, dass der Landesentwicklungsplan nicht nur gegen das Zitiergebot verstieß, sondern auch gegen das (inzwischen außer Kraft getretene) Landesplanungsgesetz. Bei einem rückwirkenden Inkraftsetzen des Landesentwicklungsplans sei dieses selbstverständlich einzuhalten, weil es im Jahr 2009 noch galt.
Die Entscheidung des VG Potsdam knüpft an die Entscheidungen des VG Cottbus vom 05.03.2015 (VG 4 K 718/13 und VG 4 K 374/13) an. Die Besonderheit der aktuellen Entscheidung des VG Potsdam besteht darin, dass das VG Cottbus noch nicht über die Rechtmäßigkeit des rückwirkenden Neuerlasses des LEP-BB befinden musste.